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Ayurveda
20 Dezember 2016

Geheimnisvolles Asien - Ayurveda-Kur in Sri Lanka

gepostet am 20.12.16 von Daniela Kuhn / NZZ

Wer sich im sri-lankischen "Heritance Maha Gedara" auf eine Ayurvedakur einlässt, begegnet dort einer mehr als 5000-jährigen Philosophie und Heilkunst - und wird dabei erst noch reich belohnt.

Doktor Ruchika trägt einen grünen Sari, der ihren nicht ganz dünnen, braunen Bauch sehen lässt. Am ersten Tag meiner zwölftägigen Kur erkundigt sich die ayurvedische Ärztin nach meinen Ess- und Schlafgewohnheiten, nach allfälligem Stress und familiären Beziehungen. Sie fühlt mir den Puls und misst den Blutdruck. "Everything o. k.", meint sie. Meine Doshas, die drei Energien Vata, Pitta und Kapha, befänden sich im Gleichgewicht. Es gehe nun darum, Agni zu korrigieren, das "innere Feuer" der Verdauung. Die ersten drei Tage stehen daher im Zeichen von Reinigung und Entgiftung.

Currys und Koriander-Tee

Am selben Nachmittag erhalte ich die ersten Behandlungen: eine Fussmassage, eine zarte Gesichtsmassage mit wohlriechendem Aloe-vera-Gel und eine ölige Massage des ganzen Körpers, die zwei junge Frauen synchron ausführen. Wohlig entspannt steige ich ins abschliessende Kräuterbad und spaziere im orangefarbenen Bademantel, den alle Kurgäste tragen, vom Ayurveda-Zentrum dem Seerosenteich entlang zum Hoteltrakt zurück. Über dem Indischen Ozean, den ich von meinem ebenerdigen Zimmer aus sehe und höre, geht gerade die Sonne unter - eine glühend rote Kugel am weiten Horizont.

Vor dem Nachtessen finde ich in meinem Fächchen eine Tasse Kräutersud und Kräutertabletten. Was die Medizin enthält, weiss ich nicht. Wie sie wirkt, zeigt sich aber schon am nächsten Tag, denn der intendierte Durchfall setzt ein. Ich bin entsprechend erleichtert, als Doktor Ruchika meine Medikation am vierten Tag programmgemäss ändert. Doch das Kräuterpulver, das ich neben weiteren Kräuterpillen von nun an mit Honig einnehmen soll, kommt einer Chilipaste gleich. Mein Mund brennt schon nach einer Messerspitze. Ich lasse die Tasse stehen. "No problem", meint die Kollegin von Doktor Ruchika am nächsten Morgen. Die Paste würde einen guten Schlaf begünstigen. In meinem grossen, mit Teakholzmöbel eingerichteten Zimmer schlafe ich unter dem Moskitonetz aber auch ohne Medizin ganz selig. Ich wundere mich nur über die vielen klaren Träume, an die ich mich jeweils beim Aufwachen erinnere.

Am Frühstücksbuffet entscheide ich mich für den warmen Haferbrei oder für das leicht säuerliche, hervorragende Büffeljoghurt mit Stücken von reifer Papaya. Mittags türme ich sämtliche Salate auf meinen Teller, tröpfle Sojasauce sowie Limettensaft darüber und lege ein Kokosbrötchen dazu. Und um halb sieben Uhr, wenn es dunkel wird, gehöre ich jeweils zu den Ersten, die sich an den Tischen neben dem Pool einfinden. Lustvoll schöpfe ich von den vielen mir zum Teil unbekannten Gemüsen, alles leckere Currys, die zum ebenfalls angebotenen Poulet und Fisch passen. Ja, ich esse viel und gut und vermisse durchaus keinen Wein, vom dritten Tag an nicht einmal Kaffee. Denn zu den Mahlzeiten wird nur lauwarmes Wasser und Koriandertee getrunken.

Vier Tage Ölstrahl

In der zweiten Woche habe ich die nicht sonderlich angenehme Stirnhöhlenreinigung schon hinter mir, bei der Öl in die Nase geträufelt wird, um damit allfällige Reste von Schleim auszuspucken. Im Moment trage ich während vier Tagen rund um die Uhr ein weisses Kopftuch. Shirodhara nennt sich diese Behandlung, bei der einem täglich ein lauwarmer Ölstrahl über Stirn und Haar gegossen wird. Welch eine Freude, die Haare am vierten Tag waschen zu dürfen. Sie glänzen nun wie noch nie. Der Darmentleerung am frühen nächsten Morgen folgt ein Diättag. Doch dann kommen die Energien zurück. Vor den täglichen Massagen kraule ich nun wieder im chlorfreien Süsswasserpool. Zwischen den Behandlungen und dem Kontakt mit Wasser sollten mindestens zwei Stunden liegen, damit die Haut das Öl aufnehmen kann. Oft reicht es auch noch für ein Bad in den Wellen des Ozeans.

Sowohl bei Ebbe wie auch bei Flut bleibt das Wasser bis weit hinaus flach, nur in der Ferne brechen mannshohe Wellen. Während im Jahr 2004 der Tsunami weiter südlich für viele Menschen tödlich war, hat er im Fischerdorf Beruwela, in dem sich das "Heritance Maha Gedera" befindet, nur Sachschaden angerichtet. 2011 wurde das Haus nach einer Renovation wiedereröffnet. Architekt Geoffrey Bawa, einer der führenden Vertreter des Tropical Modernism, hat das ehemalige Neptun Hotel 1976 fertiggestellt. Innen und aussen korrespondieren hier auf vollkommene Weise. Die Bäume im Park, an denen duftende weisse Tempelblumen blühen, wirken wie Skulpturen. Unmittelbar daneben wird derzeit leider ein gigantisch grosses Hotel gebaut - ein Zeichen der Zeit in dieser fast unwirklich schönen Szenerie.

In meinen freien Stunden liege ich weiter vorne beim Strand auf einem Liegestuhl und höre den im Wind klappernden Kokospalmen zu. Hin und wieder ergeben sich auch anregende Gespräche. Etwa mit Andreas, der an der südlichsten Ecke von Portugal ein Restaurant besitzt, oder mit Vera, einer Ärztin aus dem Kanton Zürich. Beide sind wie ich ohne Begleitung hier - und doch nicht allein, denn wir sind eine Gemeinschaft. Nicht nur beim Mittag- und Abendessen, sondern auch beim morgendlichen Yoga mit Blick auf den Ozean. Oder beim Meditieren mit Talawe Sangharatana, einem charismatischen und auch im Westen bekannten buddhistischen Mönch aus dem benachbarten Bentota. "They can touch your body, but they can not touch your mind", sagt er und betont damit, dass Ayurveda neben Behandlungen, Medizin und Ernährung auch Yoga und Meditation erfordert. Seit zwei Wochen bin ich nun schon wieder zu Hause. Ohne etwas zu überhöhen, stelle ich fest: So inspiriert und voller Energie war ich selten. Wie lange das so bleibt, wird sich zeigen.

Zum Resort Heritance Maha Gedara

 

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