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Ayurveda
15 April 2020

Ayurveda-Blog - Öl gegen Stress (1)

"Pillen unter Palmen". Ein Selbstversuch im Ursprungsland.

Willkommen im Ayurveda-Blog "Pillen unter Palmen" von Tanja Polli. Während der kommenden drei Wochen wird sie hier in regelmässigen Abständen den Verlauf ihrer Ayurveda-Kur in Indien dokumentieren.

 

Ayurveda ist das älteste Medizinsystem der Welt. Die indische Lehre vom langen Leben heilt nicht nur Krankheiten, sondern gilt als Wundermittel gegen den Stress im Westen. Ein Selbstversuch im Ursprungsland.

Plötzlich traf ich sie überall, in Yogaklassen, an Geburtstagsfesten, an geschäftlichen Meetings: Die Frauen und Männer, die nach den Ferien aussahen, als seien sie in einen Jungbrunnen gefallen. Ayurveda lautet ihr Zauberwort, und sie sagen Dinge wie "innerlich total gereinigt", "voller Energie", "viel weniger gestresst".

Die ersten zwei, drei Mal hört man sich das an - aber irgendwann will man das selber auch. Die Auswahl an Kurorten ist riesig. Meine Wahl fällt auf das Nattika Beach Ayurveda Resort in Kerala. Weil ich Indien kenne und liebe. Und weil ich - wenn schon, denn schon - ans Meer will. Was wird mich darüber hinaus erwarten? "Einläufe", prophezeien Freundinnen, "bittere Pflanzenliköre" und "flüssige Butter in Weingläsern". Vielleicht liegt es daran, dass ich nicht so richtig entspannt bin, als ich ins Flugzeug steige. Nach neun Stunden Flug sind die Ängste aber erst einmal vergessen. Ich wohne in einem Bungalow mitten in einem Palmengarten, wenige Meter davor liegt ein endloser Strand, ein paar Fischer holen gerade ihre Netze ein.

Tatsächlich empfiehlt Ayurveda längst nicht jedem Menschen intensive sportliche Betätigung:

Vata-Typen, also feingliedrige, schlanke Menschen, die sich von Natur aus gern und schnell bewegen, sollten sich nicht zu stark verausgaben.
Heisst: langsame, leichte Sportarten, die den Körper kontinuierlich in Bewegung halten – sanftes Yoga, Wandern, Schwimmen oder Tai Chi.
Oft streben Vata-Typen aber genau zum Gegenteil. Sie powern sich gerne aus, empfinden schnell Langeweile und wechseln alle paar Monate vom Tanzkurs in die Kletterhalle und von dort zur neuesten Trendsportart. Das kann zu einem Überschuss an Vata führen und zum Beispiel Gelenkprobleme verursachen. 

Genauso kontraproduktiv ist für Vata-Menschen ein Übermass an Bewegung. Besser als Power Yoga und Body Combat wären für sie also Spaziergänge, Schwimmen in warmem Wasser. Und immer wieder mal eine beruhigende Ölmassage. 

Pitta-Typen mit ihrem mittleren bis kräftigen Körperbau sind in der Regel diszipliniert und zielstrebig.
Sie haben den Biss, sich auf Wettkämpfe vorzubereiten und in einem Wettbewerb alles zu geben, wobei laut Ayurveda auch für sie 20 Minuten Sport pro Tag ausreichend sind. Geeignet sind Sportarten, die an der frischen Luft ausgeführt werden: Schwimmen oder Surfen, Skifahren, Klettern und Ball- und Teamsportarten.
Wenn Pitta zu dominant wird, macht sich übertriebener Ehrgeiz breit und die Tendenz, die eigenen Grenzen zu übergehen. Ein klarer Trainingsplan und realistische Ziele helfen, nicht übers Ziel hinaus zu schiessen.

Die von Natur aus kräftigen Kapha-Typen neigen zu Übergewicht und sind oft nicht sehr motiviert, Sport zu treiben.
Wie das Leben so spielt: Genau die eher trägen Kapha-Typen profitieren am meisten von regelmässigem Sport. Sie sind belastbar, intensives Krafttraining hilft ihnen, ihre Rundungen in Form zu halten. Dazu verbrennt Ausdauersport überschüssiges Fett.
Kapha-Menschen sind Geniesser. Von daher sind Sportarten, die Bewegung mit Genuss verbinden, ideal für sie: Tanzen, Nordic Walking in der Gruppe oder eine schöne Wanderung mit anschliessendem Gourmetmenü im Gipfelrestaurant.


«Vata» spuckte der Online-Test aus, den ich kurz vor der Abreise ausgefüllt habe. Frau Doktor Hema schweigt. Erst in zwei Wochen will sie sich eine Meinung zu meiner Konstitution gebildet haben. Das hier sagt sie mir schon heute: Mein Vata ist erhöht und das Pitta dazu. Heisst: Ich bin gestresst. Das Blutdruckmessgerät gibt Frau Doktor recht, und auch mein Puls galoppiert mehr als dass er ruhig fliesst. Frau Doktor drückt mir ein kleines Fläschen mit einer dickflüssigen, dunkelbraunen Flüssigkeit in die Hand und schickt mich in die erste Massage. Endlich!

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