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Ayurveda
25 April 2020

Ayurveda-Blog Tschüss Chili - grüezi Schoggistängeli (3)

In einer Ayurveda-Kur werden Äusserlichkeiten zur Nebensache, Bademantel und Turban zur Standardkluft. Aber das ist nicht das einzige, das hier ein wenig anders läuft.

Willkommen im Ayurveda-Blog «Pillen unter Palmen» von Tanja Polli. Während drei Wochen wird sie hier in regelmässigen Abständen den Verlauf ihrer Ayurveda-Kur in Indien dokumentieren.

Noch wehrt sich meine innere Uhr gegen eine Umstellung. Die Morgenmeditation um sechs Uhr und die anschliessende Yogastunde verbringe ich lang ausgestreckt im Bett. Aber das kleine Fläschchen, das mir Frau Doktor mitgegeben hat, kann ich nicht weiter ignorieren. Der erste Schluck schmeckt haarsträubend, irgendwo zwischen Lebertran und Essigsäure. Mein Magen rebelliert. Heftig. Frau Doktor Hema ist unbeeindruckt. Was mein Magen nicht möge, sagt sie, werde meinen Kopf erfreuen. Immerhin kriege ich den Likör nun in Tablettenform. Beim Frühstück werfe ich wieder einen mitfühlenden Blick auf jene, bei denen nur ein Dosha im Ungleichgewicht ist. Meine Auswahl ist fantastisch: Ananas, Papayas, Bananen, Guave, dazu jede Menge süsse Reisspeisen, Pancakes und geheimnisvolle Currys. Ob der Masala Chai, der mir der Kellner freundlich anbietet, in mein Ernährungskonzept passt? Ich weiss es nicht. Und ich beschliesse, besser nicht zu fragen.

Aller Anfang ist schwer..

Nach dem Essen sähe Ayurveda mich gerne ruhen, nach den Behandlungen sowieso. Noch fällt mir beides schwer. Mein System läuft im Schweizer Takt - auf Hochtouren. Ich leg mich hin, stehe wieder auf, spaziere durch den Garten, fahre mit dem Velo ins Dorf. Eine Viertelstunde Hängematte muss vorerst reichen.Auch mit dem Bademantel, den hier alle tragen, tue ich mich noch schwer. Am Buffet, im Garten - sie sind überall, die weisshäutigen Menschen in Mönchsroben. Frauen und Männer in blauen, braunen und grünen Kutten, viele mit weissem Turban. Was aussieht, wie die Mitglieder einer obskuren religiösen Gemeinschaft, ist nichts anderes als der Ausdruck purer Vernunft respektive die Kapitulation vor dem allgegenwärtigen Öl.

Garderobe? Nicht mehr nötig..

Nach einer vierhändigen Massage mit sehr viel Öl werde auch ich zur Robenträgerin. Das Küchentuch, das meinen öligen Kopf umschlingt, macht alle garderobentechnischen Fragen hinfällig. Weg sind sie, die Sorgen um angemessene Kleidung, den passenden Schmuck, und auch allfällige Bad-Hair-Days werden vorsorglich in Öl ertränkt: Der Jurist aus Rostock, die Sekretärin aus dem Thurgau, der CEO aus Zürich - sie sind plötzlich alle gleich. Einzig am Buffet teilen sich unsere Wege: Ich zu den Vata- und Pitta-Töpfen, jene mit etwas mehr auf den Rippen zu den Kasserollen, die mit "Kapha" beschriftet sind. Da stehen sie übrigens, die Töpfe mit den scharfgewürzten Currys, die ich so liebe. "Very tasty, but you should avoid", sagt Nitha Gopalam, meine ayurvedische Ernährungsberaterin. In den Empfehlungen, die sie mir abgibt, steht denn auch: Der scharfe Geschmack verringert Kapha, erhöht jedoch Pitta und Vata. "Wenn die Dysbalancen ausgeglichen sind", verspricht Gopalam, werde ich Scharfes automatisch meiden. Denn nur der unausgeglichene Mensch greife zu Speisen, die ihm nicht gut tun. Ich nicke. Und zweifle. Aber noch mehr Fragen wirft bei mir die ayurvedische Empfehlung auf, Süsses immer zu Beginn der Mahlzeit zu essen. Haben meine Kinder am Ende Recht, wenn sie sich vor dem Essen ein Schoggistängeli schnappen? Frank Lotz, einen der bekanntesten ayurvedischen Köche Deutschlands jedenfalls haben sie auf ihrer Seite.

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